Vergaser

 

Grundsätzlich gibt es zwei Typen der Keihin-CVK-Anlage, wie sie in der 900 R eingebaut wird. Die Schwarze und die Silberne. Die schwarze Anlage wurde bis 90 eingebaut. Bis dahin erfuhr sie zahlreiche Verbesserungen.

 

Die Bedüsung ist unterschiedlich. Die Anlage als solches kann jedoch problemlos auf jedem Modell gefahren werden. Zulassungsrechtliche Vorschriften über das Abgasverhalten sind hier nicht das Thema.

Die ersten Anlagen bis Fahrgestellnummer ZX900A-031398 kranken an drehbaren Vergasermembranen. Anders als bei Mikuni-Vergasern kann man bei den Keihin den Schieber nicht vom Gummimembran trennen. Wenn dann ein Teil hin ist muß der ganze Schieber gekauft werden. Das kostet 175,- DM pro Schieber.

Das Gummi ist am Schieber befestigt. Bei den frühen Modellen aber nicht so richtig. Die Membran verdreht sich am Schieber und als Folge ist sie vorgespannt. Der Schieber geht nicht mehr ganz runter und öffnet nicht richtig. Die Karre rappelt, läuft unrund, kommt nicht von der Drehzahl runter und nicht schlecht Gas an. Die Leistung leidet natürlich auch.

Abhilfe schafft man kurzzeitig, indem man den Deckel öffnet und sich der Gummi wieder gradedreht. Es sei denn, er ist verklebt. Dann muß man ihn anheben. Sollte der Gummi dann nicht mehr in die Nut passen, so daß der Deckel montiert werde kann, ohne den Gummi zu zerquetschen, so liegt daß daran, daß das Gummi aufgequollen ist. Einfach einen Tag warten. Das Benzin verflüchtigt, der Gummi zieht sich zusammen und paßt 1a in die Nut.

Ich habe schon neuwertige Vergaser mit durchlöcherten Gummis gesehen, weil Dilletanten versucht haben das Gummi mit einem Schraubenzieher unter den Deckel zu quetschen.

Längere Abhilfe schafft man, wenn man den Blechring, der das Gummi am Schieber hält mit ein oder zwei Körnerschlägen fixiert. Wenn der Gummi sich verdreht, kann man ihn mit Daumen und Zeigefinger festhalten und den Schieber drehen. Nach den Körnerschlägen sollte das nicht mehr möglich sein. Grobmotorische Versuche sollten dabei aber unterlassen werden.

Außerdem laufen die Schieber in der Führung ein. Bei Mikuni kann man die Führung wechseln. Bei Keihin nicht. An der dem Einlaß zugewandten Seiten kann man deutlich die Kontur des Vergaserquerschnitts erkennen. Man kann sich ausmalen, was passiert, wenn der Ansaugunterdruck den Schieber gegen die Führung zieht und wir jetzt sanft aus der Kurve beschleunigen wollen. Wir geben Gas und nichts passiert. Wir geben mehr Gas und der Schieber öffnet sich abrupt. Keine saubere Linie.

Mit einer Feile kann man diesen häßlichen Grat entfernen. Die Schieber klappern dann zwar in der Führung, aber man kann wieder Motorradfahren.

 

Die zweite kranke Stelle sind die Schwimmernadelventile. Deren Gummispitze dichtet den Benzinzulauf ab und verhindert, daß der Vergaser überlauft. Durch den erhöhten Anteil von Alkohol im bleifreien Benzin härten die Spitzen aus und dichten nicht mehr. Sie halten zwischen zwei und fünf Jahren. Als Folge läuft der Vergaser über. Das macht er, vorausgesetzt der Benzinhahn ist in ordnung, wenn der Motor läuft. Im Leerlauf kann der Motor den Sprit nicht verbrennen. Der Motor läuft auf drei Zylindern. Wenn man mehr Gas gibt läuft er wieder mit. Unverbranntes Benzin wäscht den Ölfilm am Kolben und an den Kolbenringen ab, der dadurch nicht mehr richtig dichtet. Das Benzin gelangt in den Motor und verdünnt das Öl.

Das kann schnell geschehen. Unversehens läuft der Motor auf drei Zylinder, es riecht nach Benzin und der Ölstand ist extrem hoch. Als mir das zum ersten mal passierte, bin ich eben noch nach Hause gefahren und dann in die Werkstatt. Mit Glück habe ich noch eine weitere Ölauffangwanne unter den Motor gezerrt, weil da etwa 8 - 9 l ÖL-Benzin-Gemisch rausflossen.

Eine 900 R verbraucht kein Öl. Sie produziert aber auch keins. Darum ist die Kontrolle des Ölstandes nicht zu vernachlässigen.

 

Die Schwimmernadelventile sollen laut Kawasaki alle 10.000 KM gewechselt werden. Aber die kosten 45,- DM das Stück. Da scheut man sich, diese kleinen Dinger im Voraus zu wechseln.

Wenn getauscht wird, sollten alle vier auf einmal gewechselt werden. An den Gummispitzen erkennt man einen glänzenden Ring. Dieses Nadelventil ist hin. Wenn das Motorrad nur auf dem Seitenständer parkt, kann man erkennen das der Ring nicht ganz um die Spitze läuft.

Nach dem Einbau muß der Schwimmerstand kontrolliert werden. Die Angabe im Werkstattbuch, daß der Schwimmer 19 mm über der Gehäusekante stehen soll, ist ein grober Wert zum Voreinstellen. Anschließend muß der Schwimmerstand wie im Buch beschrieben ermittelt und gegebenenfalls korrigiert werden.

Das ist eine ausgesprochen lästige Angelegenheit, die stark nach Benzin riecht. Aber ein korrekter Schwimmerstand ist die halbe Miete.

An der Leerlaufgemischregulierung sollte nichts verändert werden. Nordamerikanische oder Schweizer Modelle sollten aber auf den regulären Wert von 2,5 Umdrehungen eingestellt werden.

 

Der Ein- und Ausbau geschieht tatsächlich durch heftigen Druck gegen die Gummis des Luftfilterkastens. Grobmotorisch wird die Vergaseranlage herausgezerrt, ohne dabei die Ansauggummis, den darüberliegenden Kabelbau, oder den Kühlkreislauf zu beschädigen. Es empfiehlt sich alles zu lösen und nur den Gaszug nicht auszuhängen. Das macht man, wenn die Anlage fast draußen ist. Bei Einbau wird umgekehrt verfahren. Dabei kann auch gleich der überflüssige Rückholzug entfernt werden. Leichter geht das ganze, wenn die Gummis noch warm sind. Es lohnt sich die Gummis des Luftfilters vor dem Einbau der Vergaseranlage ausreichend lange mit einem Fön zu erwärmen.

Wer sparen will, meidet den Kauf von Schwimmernadelventilen oder Luftfiltern bei POLO und Co. Das sind Zubehör- und Bekleidungshändler. Spezialteile kauft man beim Vertragshändler.
Allerdings lohnt sich der Kauf eines K&N-Luftfilters. Der ist zwar teuer, muß dann aber nur noch gereinigt werden.

 

Ein Dynojet-Kit mit K&N-Luftfilter ist eine hervorragen Wahl und sehr zu empfehlen. Legal ist das nicht.

 

Startschwierigkeiten können nach längerer Standzeit auftreten. Die Vergaser sind belüftet. Die relativ geringe Benzinmenge in den Schwimmerkammern reagiert mit dem Sauerstoff. Die Molekülketten zersetzen sich und die Zündfähigkeit wird herabgesetzt. Da frisches Benzin erst nachlaufen kann, wenn der Motor den Unterdruck zum Öffnen des Benzinhahns bringt, kann man lange orgeln bis sich was tut. Abhilfe schafft man, wenn das Benzin aus den Schwimmerkammern abgelassen wird. Nachdem die Kammern verschlossen sind, den Benzinhahn auf PRI stellen, kurz warten und dann starten. Ab drei Monaten Standzeit sollte man auf dieses Ritual nicht verzichten.

 

Der Motor der 900 R ist über die Vergaser gedrosselt. Die Deckel der Schieber sind dicker. Dadurch kann der Schieber nicht ganz öffnen. Abhilfe schaffen neue, dünne Deckel, oder sie werden ausgedreht. Das Maß ergibt sich aus dem Überstand. Angeblich sollen die Maße unterschiedlich sein und jeder Vergaser sein eigenes Maß haben. Wichtig ist, daß danach der Schieber bündig mit dem Vergaserquerschnitt abschließt.

Die Deckel der schwarzen und der silbernen Anlage passen untereinander. Jedoch sind die Deckel der silbernen Anlage höher, weshalb die Schieber entweder zu weit aufgehen, oder zu wenig aufgehen.